Piktogramm E-Auto

Foto: Ralph Hutter, Unsplash

Wissenswertes

Stimmt’s? Häufige Irrtümer rund um die Mobilitätswende

Deutschland ist Autoland. Und noch immer hoffen viele, das könne in Zukunft so bleiben - wenn man nur auf moderne Antriebe umstelle. Eine echte Mobilitätswende gelingt aber nur, wenn Autofahren von der Regel zur Ausnahme wird. Die große Herausforderung für uns ist also, nicht vom Status Quo her zu denken. Die Frage lautet vielmehr: Wie kann es ohne Auto gehen? Das ist einfacher gesagt als getan, denn alte Denkmuster hindern uns daran, wirkliche Veränderungen anzupacken. Die Antworten auf einige klassische Irrtümer könnten uns auf die Sprünge helfen.

 

„Der Einzelhandel verdient weniger, wenn die Innenstadt verkehrsberuhigt ist."

Eine internationale Literatur-Recherche im Auftrag der Stadt Zürich hat ergeben: Dass es Parkplätze braucht, damit es Innenstädten wirtschaftlich gut geht, wird häufig falsch eingeschätzt.

Es gibt drei Dinge, die eine Innenstadt attraktiv machen:

  • viele unterschiedliche Geschäfte, Restaurants, Cafés, Bars, Kneipen und kulturelle Angebote

  • wenn wir uns dort auch im Straßenraum gerne aufhalten

  • wenn sie gut bzw. sicher mit öffentlichem Nahverkehr und für Fahrräder erreichbar sind

Damit das gelingt, dürfen Parkplätze die Straßenräume nicht beeinträchtigen und zu möglichst wenig „Suchverkehr” führen. Parkhäuser sind dafür eine gute Lösung.

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Die Analyse im Auftrag der Stadt Zürich hat für mehrere Städte untersucht: Wie wirkt sich Verkehrsberuhigung in Innenstädten aus? Welche Zusammenhänge gibt es zwischen Parkplatzangebot und Umsätzen der Unternehmen?  Hier geht es zu den Ergebnissen.

 

Wir müssen Autos einfach nur auf Elektro-Antriebe umstellen und können dann weiter so viel damit fahren wie bisher."

Elektro-Autos sind nicht emissionsfrei. Denn sie verbrauchen Strom und der wird noch nicht zu 100 % CO2-neutral produziert. Auch für die Herstellung von Elektro-Autos werden viele Ressourcen benötigt. Die CO2-Einsparungen beim Fahren gehen durch die Herstellung der Akkus zum Teil verloren. Hinzu kommt: Die Straßen in Bonn sind heute schon überlastet. Denn Bonn gehört zu den Städten in NRW, die am schnellsten wachsen. Auch ein E-Auto bleibt ineffizient, denn es braucht viel mehr Platz auf den Straßen als Fahrräder, Bus und Bahn.

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Diskussionspapier der Gesellschaft deutscher Chemiker

Auch die Gesellschaft deutscher Chemiker (GDCh) hat sich gefragt: „Ist Elektromobilität die Lösung?" (PDF, 7 Seiten)

E-Mobilität in der Stadt- und Verkehrsplanung: ein Ergebnisbericht aus Modellregionen

Seit 2009 fördert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur den Aufbau von Elektromobilität in mehreren Modellregionen und -städten. Welche Erfahrungen in der Praxis gesammelt wurden, welche Einsatzbereiche es für Elektromobilität gibt und wie sie in kommunale Mobilitätsstrategien und in die Stadt­entwicklung eingebunden werden kann, das hat das Deutsche Institut für Urbanistik im Bericht „Elektromobilität in der Stadt- und Verkehrsplanung" zusammengetragen (PDF, 80 Seiten).

 

Wasserstoff ist der PKW-Antrieb der Zukunft."

Auch die Herstellung von Wasserstoff braucht Energie. Bisher wird dafür oft Erdgas verbrannt. Nur wenn dafür CO2-freier Strom verwendet wird, kann von „grünem” Wasserstoff gesprochen werden. Doch noch sind die Herstellung und die Einrichtung von Tankstellen zu aufwändig bzw. zu teuer, um breit genutzt werden zu können. Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Autos sind auch deswegen keine Lösung, weil es weder bis 2035 noch 2050 genügend Wasserstoff geben wird. Denn die Industrie wird viel Wasserstoff brauchen.

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Umweltfreundichen Sprit – gibt es das?

„Die Idee vom klimafreundlichen Sprit hat einen entscheidenden Haken.", erklärt Ralph Diermann in seinem Artikel auf SPIEGEL online.

Wasserstoff- und Brennstoffzellenstrategie für die Region Stuttgart (Fraunhofer Institut)

Das Fraunhofer Institut sieht Wasserstoff als „Energieträger der Zukunft" und als „ein wichtiges Element zur Erreichung globaler Klimaschutzziele". Im Rahmen der Wasserstoff- und Brennstoffzellenstrategie für die Region Stuttgart (PDF, 50 Seiten) werden Maßnahmen zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in der Region dargestellt mit dem Ziel, für diesen Zukunftsmarkt gut aufgestellt zu sein. Im Bereich Mobilität sollen Brennstoffzellen zunächst im Schwerlastverkehr eingesetzt werden (z. B. Lkw, Baufahrzeuge, Busse des ÖPNV, Fahrzeuge der Abfallwirtschaft).

 

Die Bonner Seilbahn wird gar nicht klimaneutral betrieben."

Die Seilbahn wird von den SWB mit Strom versorgt. Im SWB-Strom-Mix liegt der Anteil erneuerbarer Energien aktuell bei 80 %, soll aber in Zukunft erhöht werden. Der Klimaschutzbeirat der Stadt Bonn schreibt in seiner Empfehlung: Die Seilbahn ist eine wichtige und vergleichsweise kostengünstige Säule für ein verbessertes ÖPNV-Netz in Bonn. Sie (...) unterstützt damit eine Verkehrswende in Bonn sowie die Reduktion von Feinstaub und Lärm.”

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Die geplante Seilbahn, die Ramersdorf mit dem Venusberg verbinden soll, ist umstritten, auch was ihre Auswirkungen auf Umwelt und Klima betrifft.

Die Stadt stellt online Dokumente zum aktuellen Stand der Planung, Antworten auf häufig gestellte Fragen, einen Überblick über die aktuelle und bisherige Bürgerbeteiligung sowie Sitzungsunterlagen und Download-Materialien zur Verfügung. Hier geht es zur Info-Seite „Seilbahn"der Stadt Bonn.

Gegen den Bau hat sich eine Bürgerinitiative gegründet. Sie stellt auf der Seite www.bonn-bleibt-seilbahnfrei.de ihre Perspektiven dar.

 

Die Mobilitätswende schadet der (deutschen Auto-)Wirtschaft – und auch in Bonn gibt es Automobil-Zulieferer."

Der Ausbau von ÖPNV und, wo nötig, auch Elektro-Mobilität bedeutet zusätzliche Investitionen. Schon jetzt stellen sich viele Industrie-Unternehmen darauf ein. Dass die Industrie sich sogar – im Interesse ihrer Wettbewerbsfähigkeit – mehr Bemühungen um Klimaschutz wünscht, hat 2021 der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) klargemacht.

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Industrie fordert mehr Tempo beim Klimaschutz (Meldung auf tagesschau.de)

 

Weniger Parkplätze und höhere Parkgebühren sind unsozial."

Parken in Bonn war bisher zu günstig, verglichen mit anderen Städten. Denn die Einrichtung eines Parkplatzes kostet nach Angaben der Stadt Bonn einmalig ca. 1.500,- Euro plus jährlich 60,- Euro für den Unterhalt. Menschen mit geringem Einkommen haben seltener ein Auto. Sie finanzieren aber die Parkplätze über ihre Steuern mit. Und sie leiden am stärksten unter dem Autoverkehr, da sie eher an Straßen mit viel Verkehr wohnen. Ungerecht ist auch, dass ein Auto ca. 23 Stunden am Tag auf einem Platz steht, der eigentlich allen gehört. Menschen mit geringem Einkommen haben nur sehr selten einen eigenen Garten und würden am meisten von mehr Grünflächen in der Stadt profitieren.

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Was bringt Parkraummanagement?

Parkplätze zu reduzieren und zu bewirtschaften – diese Maßnahmen sind umstritten. Die Nachteile für Einzelne scheinen offensichtlich: Parkgebühren und weniger Platz in der Stadt fürs eigene Auto. Aber was gewinnen wir und wie lässt sich das erfolgreich kommunizieren? Mit dieser Frage hat sich Agora Verkehrswende, ein Thinktank für klimaneutrale Mobilität, beschäftigt. Ergebnis ist der Bericht „Parkraummanagement lohnt sich", ein Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis (PDF, 72 Seiten).

Die Erfahrung zeige: Ein gutes Parkraummanagement führt nicht nur bei Anwohner:innen, sondern auch beim Einzelhandel oft zu großer Zufriedenheit. Dazu brauche es gute Kommunikation, Bürger:innen­beteiligung und den Mut der Kommunen, Gegenwind auszuhalten. Das erfordere Einsatz, aber die Ziele seien es wert: „Die Lebensqualität zu steigern, aus Straßen und Innenstädten einladende Orte der Begegnung zu machen und damit nicht zuletzt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern."

 

Pendler:innen aus der Region sind weiterhin auf das Auto angewiesen, auch wenn Bonn autofrei/-reduziert ist."

Für die Region Bonn ist die durchschnittliche Pendel-Strecke 17 km. Fahrten bis ca. 15 km (also aus den unmittelbaren Nachbarstädten) sind mit Fahrrad bzw. Pedelec möglich und werden nachweislich ganzjährig akzeptiert. Für alle anderen müssen an der Stadtgrenze Park&Ride-Parkplätze ausgebaut und die Umstiegsmöglichkeiten auf den ÖPNV in die Stadt hinein verbessert werden.

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Zahlen und Fakten 

Wissenswertes im Überblick: Das Faktenblatt Pendlerverkehr in Deutschland stellt die Basis-Infos rund um unsere Wege zwischen Wohn- und Arbeitsort übersichtlich dar (PDF, 7 Seiten).

Pendlerverkehr: Blog-Artikel zu Problemen und notwendige Maßnahmen

Der Pendlerverkehr nimmt weiter zu, und damit auch die Belastung für Mensch und Umwelt. Philipp Kosok vom Thinktank Agora Verkehrswende hat hierzu interessante Fakten zusammengestellt und geht der Frage nach, welche Maßnahmen Abhilfe schaffen könnten.

Hier geht es zum Blog-Artikel.

IHK-Studie zur Pendlerregion Bonn/Rhein-Sieg

Wie ist die Pendelsituation der einzelnen Kommunen in Bonn/Rhein-Sieg? Das hat die Industrie- und Handelskammer untersucht und die Ergebnisse in der Studie „Pendlerbewegungen und Verkehrsbelastungen im IHK-Bezirk" veröffentlicht (PDF, 40 Seiten).

 

Die Preise für Bus und Bahn sind zu teuer – denn sie sind teurer, als mit dem Auto zu fahren."

In Wahrheit ist der ÖPNV schon jetzt günstiger als das Auto. Zählt man wirklich alle Kosten zusammen, dann ist der Autoverkehr etwa dreimal so teuer wie der ÖPNV. Beim Auto denken wir erst einmal nur an das Tanken und Parken. Vielleicht auch an den Kauf, die Werkstatt und die Versicherung. Als (Stadt-)Gesellschaft müssen wir aber auch den Bau und Erhalt von Straßen, Umwelt- und Gesundheitsschäden dazurechnen. Denn diese Kosten tragen wir alle. Das heißt auch: Wenn wir den Autoverkehr verringern, dann können wir mehr Geld in Bus und Bahn stecken – und damit die ÖPNV-Preise senken.

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„Welche Kosten verursachen verschiedene Verkehrsmittel wirklich?“ Das haben Wissenschaftler:innen der Uni Kassel untersucht. Hier geht es zum Blog-Artikel.

 

Tempobeschränkungen auf 30 km/h belasten die Umwelt stärker als 50 km/h."

Studien zeigen, dass bei Tempo 30 weniger klimaschädliche Gase ausgestoßen werden. Eine geringere Geschwindigkeit hat auch auf Sicherheit, Gesundheit und Aufenthaltsqualität positive Auswirkungen. Die Menge CO2, die ein Auto ausstößt, hängt aber vor allem davon ab, wie schnell es beschleunigt. Das ist z. B. im Stau und zähfließendem Verkehr ein Problem. Tempo 30 erlaubt vorausschauendes Fahren und kann so dabei helfen, Bremsmanöver zu reduzieren.

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Vergleich: Emissionen bei 30 km/h und 50 km/h

Mehrere Studien haben die Emissionen von Fahrzeugen bei Tempo 30 und 50 untersucht. Hier gibt es einen kurzen Überblick über die Ergebnisse (PDF, 4 Seiten) zusammengestellt vom wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestages.

Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen

Auch auf Hauptverkehrsstraßen haben einige Kommunen bereits Tempo 30 eingeführt. Wie wirkt sich das aus? Die wichtigsten Erkenntnisse hierzu sind in einer Broschüre des Umweltbundesamtes zusammengestellt (PDF, 36 Seiten)

 

Eine Verkehrsberuhigung sorgt für mehr Stau und damit für höhere Klima-Belastungen."

Stau entsteht vor allem dort, wo zu viele Autos auf zu wenig Raum treffen – wenn sie zu dicht auffahren, schnell bremsen/anfahren oder die Spur wechseln. Ein höheres Tempo sorgt für mehr Stopps und höhere Beschleunigungen. Das Ergebnis: In der Stadt ist man häufig mit Tempo 50 nicht schneller am Ziel. Tempo 30 kann dabei helfen, Verkehrsstörungen in der Stadt auszugleichen und für fließenden Verkehr zu sorgen. Damit der Verkehr nicht auf andere Straßen ausweicht, braucht es jedoch ein gutes Gesamtkonzept. Denn es hilft nichts: Weniger Stau geht nur mit weniger Autos.

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„Wie entstehen eigentlich Staus?" Zum einen natürlich durch Baustellen, Unfälle und die sogenannten Elefantenrennen. Die häufigeren und weniger offensichtlichen Gründe beleuchtet Martin Randelhoff in seinem Artikel „Der Schmetterlingseffekt, unsichtbare Wellen und die Tragik des Zufalls".

 

Erst muss das ÖPNV-Netz ausgebaut werden, bevor wir den Autoverkehr beschränken."

Das Problem ist: Der öffentliche Raum in Bonn ist begrenzt. Wir können nicht beliebig ausbauen. Das Schienennetz ist nach Auskunft von SWB Bus & Bahn an seiner Kapazitätsgrenze. Mehr ÖPNV ist also nur möglich, wenn dafür dem Autoverkehr Raum genommen wird – entweder für Busse oder neue Gleise. Aber: Gemessen an der Zahl der Einwohner:innen hat Bonn schon jetzt eines der besten ÖPNV-Angebote in Deutschland. Eine U-Bahn z. B. ist in einer Stadt mit rund 340.000 Einwohner:innen keine Selbstverständlichkeit. Nach Auskunft der SWB Bus & Bahn sind sie mit ihrem Angebot einem Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn bereits gewachsen.

 

Text: Robert Janßen-Morof, Dr. Eugen Huthmacher, Dr. Giulia Pugnaghi, Redaktion: Daniela Baum, Mitarbeit: Sonja Corsten

Stadtbahn und Rad in Bonn

Mobilität

Der Verkehr hat den größten Einfluss auf den Klimawandel. Unsere Emissionen sind in diesem Sektor

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